Der Zuverdienst in all seinen Facetten:

Was ist der Zuverdienst?

Ziele und Rahmenbedingungen

Richtlinien und Angebote in den einzelnen Bundesländern

Zur Geschichte der Zuverdienstangebote

Welche Personen nutzen Zuverdienstangebote?

Rechtliche Grundlagen des Zuverdienst

Ziele und Rahmenbedingungen

Die Zahl der Menschen, die dauerhaft erwerbsgemindert sind, steigt kontinuierlich. Ihr Leistungsvermögen liegt unterhalb von drei Stunden Arbeit täglich. Eine Vielzahl von ihnen ist psychisch erkrankt oder behindert. Dies bedeutet nicht, dass sie nicht arbeiten können und wollen. Sie benötigen allerdings einen passenden Rahmen.

Zuverdienstangebote bieten angepasste Arbeitszeiten auch unter drei Stunden täglich, individuelle Arbeitsanforderungen, Rücksichtnahme auf Leistungsschwankungen und Krankheitsausfälle, (wenn möglich) keine zeitliche Beschränkung der Beschäftigungsdauer und keinen Druck, den Rehabilitation erzeugen kann. Die Nutzer/innen können so bleiben, wie sie sind, und gehen einer individuell angemessenen Beschäftigung nach.

Im Gegensatz zu einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen oder einer Tagesstätte für psychisch kranke Menschen sind Zuverdienstangebote sehr niedrigschwellig konzipiert. Das heißt, die Nutzer/innen brauchen weder eine ärztliche Verordnung bzw. Begutachtung und die angebotenen Tätigkeiten sind in ihren Anforderungen (z.B. was Zeit und Arbeitsintensität angeht) an den physischen und psychischen Möglichkeiten der Nutzer/innen ausgerichtet. Zuverdienstangebote gibt es in vielen Bereichen und mit unterschiedlichen Konzeptionen (Zuverdienstfirmen, Zuverdienstprojekte oder Einzelarbeitsplätze in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes).

Richtlinien und Angebote in den einzelnen Bundesländern

In den letzten zwanzig Jahren hat sich das Angebot an Zuverdienstmöglichkeiten in der Bundesrepublik in Abhängigkeit von dem jeweiligen politischen Willen und dem finanziellen Spielraum der jeweiligen Leistungsträger sehr unterschiedlich entwickelt.

BAYERN

Das Bundesland Bayern bietet in seinen sieben Bezirken insgesamt etwa 1900 Zuverdienstplätze, der überwiegende Teil davon in Oberbayern, wie Sie hier einsehen können. Als eigenständiges Angebot oder in Ergänzung zu den Tagesstätten bieten diese eine Möglichkeit zur Tagesstruktur und zu einem kleinen Zuverdienst. Hier erhalten Sie die Empfehlungen des Hauptauschusses des Bezirktags Bayern zum Baustein „Zuverdienst“ vom März 2015. Informationen zu den jeweiligen Regelungen oder zum Teil auch Übersichten über die vorhandenen Angebote in den einzelnen Bezirken finden Sie nachfolgend.

MITTELFRANKEN

Hier finden Sie Informationen zu den aktuellen Zuverdienstangeboten in Mittelfranken. Die aktuellen Richtlinien in Mittelfranken finden Sie hier.

NIEDERBAYERN

Hier finden Sie die niederbayerischen Richtlinien zum Zuverdienst.

OBERBAYERN

Hier finden Sie die Richtlinien für Zuverdienstangebote in Oberbayern.

OBERFRANKEN

Hier finden Sie die Richtlinien für Zuverdienstangebote in Oberfranken.

OBERPFALZ

Hier finden Sie die Richtlinien für Zuverdienstangebote in der Oberpfalz.

SCHWABEN

Hier finden Sie Informationen zu den aktuellen Zuverdienstangeboten in Schwaben. Die aktuellen Richtlinien in Schwaben finden Sie hier. Weitere Informationen finden Sie zudem hier.

UNTERFRANKEN

Hier finden Sie eine Broschüre zu den Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten in Unterfranken. In diesem Dokument finden Sie ab Seite acht Informationen zu Zuverdienstangeboten im Bezirk.

BERLIN

Im Berliner Psychiatrieentwicklungsplan ist der Bereich des Zuverdienstes als eigenständiger Teil der Pflichtversorgung für die einzelnen Stadtbezirke festgelegt. So gibt es in jedem Bezirk eine festgelegte Anzahl von Zuverdienstplätzen in unterschiedlichen Produktions- und Dienstleistungsbereichen. Hier finden Sie einen Entwurf von Standards für zuwendungsfinanzierte Angebote der psychiatrischen Pflichtversorgung in Berlin. Eine Auflistung aller Berliner Zuverdienstfirmen finden Sie auf dem Zuverdienst-Wegweiser.

BREMEN

Im Bundesland Bremen gibt es seit den 90er Jahren und verstärkt seit 2009 Zuverdienstangebote mit nahezu 400 Plätzen. Diese verteilen sich auf etwa zehn Leistungsträger in den Bremer und Bremerhavener Stadtgebieten. Es handelt sich hierbei ausschließlich um Betreuungsangebote nach SGB XII (und nicht um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse) und wendet sich an nicht-erwerbsfähige Menschen mit psychischen Erkrankungen und Suchterkrankungen. Mehr Informationen finden Sie hier.

HESSEN

Im Bundesland Hessen wurden Ende 2014 in einer Arbeitsgruppe der Vetragskommission „Leitlinien zur Förderung, Errichtung und zum Betrieb von Zuverdienstmöglichkeiten für behinderte Menschen im Rechtskreis des SGB XII“ verabschiedet. Diese gelten seit Anfang 2015 und Zuverdienstprojekte können ihre Planungen auf diese neuen Richtlinien hin ausrichten. Die Leitlinien samt einer Anlage „Berechnungsmodell“ finden sie hier.

NORDRHEIN-WESTFALEN

In Nordrhein-Westfalen werden in einigen Regionen Zuverdienstangebote durch kommunale Zuschüsse und/oder durch Mittel der Eingliederungshilfe gefördert. Zusätzlich hierzu werden als sogenannte Zuverdienstangebote seit einiger Zeit auch geringfügige Beschäftigungsangebote in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes als Alternative zur WfbM oder zur Tagesstätte erprobt.

WESTFALEN-LIPPE

Der LWL hat eine Broschüre zum Zuverdienst im allgemeinen Arbeitsmarkt in Westfalen-Lippe herausgebracht, die Sie hier abrufen können. Weitere Informationen finden Sie hier.

RHEINLAND

Informationen zum LVR-Modellprojekt „Beschäftigungsmöglichkeiten als Zuverdienst für Menschen mit Behinderung“ erhalten Sie hier.

SACHSEN

Im Bundesland Sachsen werden durch das Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz Qualifizierungs- und Beschäftigungsprojekte für psychisch kranke und suchtkranke Menschen gefördert. Ziel ist es unter anderem hierbei, den Übergang dieser Personengruppen in die Erwerbstätigkeit zu unterstützen. Die entsprechende Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz können Sie hier finden. Den Abschlussbericht zur Studie „Arbeits- und Qualifizierungsprojekte für psychisch kranke und suchtkranke Menschen in Zuverdienstfirmen“ des Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz finden Sie hier.

THÜRINGEN

Im Zuge des 3. Thüringer Psychiatrieberichts wurde der Landesfachbeirat beauftragt, eine Leistungsvereinbarung für alternative Beschäftigungsmöglichkeiten für psychisch kranke Menschen zu erarbeiten. Eine entsprechende „Leistungsvereinbarung Zuverdienst“ liegt nunmehr vor und soll mit Unterstützung des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie auf kommunaler Ebene umgesetzt werden. Die Rahmenvereinbarung finden Sie hier.

WEITERE REGIONEN

Aufgrund der offensichtlichen Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit von Zuverdienstangeboten sind darüber hinaus in weiteren Regionen, Kommunen oder Landkreisen Deutschlands eine Reihe weiterer, sehr unterschiedlicher Zuverdienstangebote entstanden.

Eine weitere Möglichkeit sich über bestehende Zuverdienstangebote zu informieren, besteht über das Informationsportal „Rehadat“. Dort gibt es unter dem Stichwort „Zuverdienst“ eine Adressdatenbank, in der Informationen und Adressen zu verschiedenen Zuverdienstangebote abgerufen werden können.

Zur Geschichte der Zuverdienstangebote

Seit dem Ende der 70er Jahre wurden sogenannte „Selbsthilfe- oder Zuverdienstfirmen“ als Möglichkeit zur Schaffung von Dauerarbeitsplätzen für psychisch behinderte Menschen aufgebaut. Vorbild waren dabei vielfach die im Zusammenhang mit der italienischen Psychiatriereform entstandenen Kooperativen (cooperative integrate), die in einem fast revolutionärem Prozess die ehemals eingesperrten und entmündigten Psychiatriepatienten Italiens zu aktiven Arbeitnehmern, z.T. sogar zu mitspracheberechtigten Anteilseignern ihrer Kooperativen machten.

Im Deutschland waren es Ende der 70er Jahre die Freiburger Firma „Hawie“, die Münsteraner „Rümpelfix gGmbH“ und die „Dahlke gGmbH“ in Gütersloh, welche als erste spezielle Arbeitsplätze ausschließlich für psychisch behinderte Menschen anboten. Mit der „Nostra gGmbH“ und der Druckerei „Repro 68“ kamen in Köln noch zwei Projekte mit der Zielgruppe anderer Behindertengruppen hinzu.

In den darauffolgenden Jahren entwickelten sich dann im Zuge der Psychiatriereform und der mit ihr verbundenen Aufbruchsstimmung eine Reihe von sehr unterschiedlichen Arbeitsprojekten für den Personenkreis der psychisch behinderten Menschen. Für die Gruppe der geistig behinderten Menschen gab es schon seit den 60er Jahren beschützende Werkstätten, die im weiteren Verlauf der Entwicklung auch für den Personenkreis der psychisch behinderten Menschen Arbeitsmöglichkeiten bieten sollten.

Die zunehmende Bedeutung der sich entwickelnden Arbeitsprojekte wurde in den 90er Jahren dann durch einige Forschungsaufträge deutlich, die sich im Auftrage des damaligen Bundesministeriums für Arbeit mit diesen neuen Formen der Arbeitsintegration beschäftigten. In einem dieser Forschungsberichte wurde zum ersten Mal eine bundesweite Erhebung und Situationsbeschreibung über „Besondere Betriebe zur Beschäftigung Schwerbehinderter“ vorgelegt, die von der Fachberatung für Arbeits- und Firmenprojekte (FAF) durchgeführt wurde. Folgende Typologien von besonderen Betrieben ließen sich zum damaligen Zeitpunkt in Bezug auf die wesentlichen Merkmale ihrer Konzeption unterscheiden:

  • Selbsthilfefirmen: Klein- und Mittelbetriebe, die über ein Vielfaches ihrer Pflichtquote hinaus behinderten Menschen Arbeitsplätze zur Verfügung stellten (zwischen 40% und 80%).
  • Zuverdienstfirmen: Niedrigschwellige und flexible Arbeitsangebote, meist bei gemeinnützigen Vereinen, im Rahmen von geringfügiger Beschäftigung.
  • Übergangsfirmen: Rechtlich selbständige Betriebe, die in enger Kooperation mit einer Werkstatt für behinderte Menschen eine Mittlerfunktion für den Transferprozess auf den allgemeinen Arbeitsmarkt erfüllen.
  • Geschütze Abteilungen: Besondere Abteilungen in normalen Betrieben und Unternehmen, in denen behinderte Menschen unter besonderer Anleitung im Rahmen eines festen Arbeitsverhältnisses angestellt waren (primär in der ehemaligen DDR).
  • Technische Sozialbetriebe: Besondere Abteilungen in größeren Konzernen der Montan- und Bergbauindustrie, die Beschäftigungs-, Trainings- und Qualifizierungsmöglichkeiten für behinderte Menschen anboten, die auf ihrem angestammten Arbeitsplatz nicht mehr arbeiten konnten.
  • Soziale Betriebe: Spezielle Betriebe (meist GmbHs), die von Sozialhilfeträgern oder Unternehmen der öffentlichen Hand eingerichtet wurden, mit dem Ziel, Langzeitarbeitslose (nicht ausschließlich behinderte Menschen) in normale Arbeitsverhältnisse zu integrieren.
  • Leiharbeitsfirmen: Modellhafte Projekte aus dem Behindertenbereich mit dem Ziel, über befristete Leiharbeitsverhältnisse besondere Zielgruppen in unbefristete Arbeitsverhältnisse zu integrieren.

Mit der Novellierung des Schwerbehindertengesetzes im Jahre 2000 wurde kurze Zeit später der Begriff der Integrationsprojekte gesetzlich verankert und im Juli 2001 mit dem Inkrafttreten des SGB IX im Kapitel 11 weitergeführt. Alle übrigen Beschäftigungsmöglichkeiten für psychisch kranke und behinderte Menschen (und somit auch die Zuverdienstangebote) gerieten damit aus dem Blickfeld der Sozialpolitik, obwohl es auch weiterhin einen steigenden Bedarf an niedrigschwelligen und flexiblen Beschäftigungsmöglichkeiten gibt.

Welche Personen nutzen Zuverdienstangebote?

Zuverdienstangebote im Sinne dieses Projektes werden insbesondere von folgenden Personengruppen genutzt:

  1. Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, die voll erwerbsgemindert sind (behinderte Menschen im Sinne des § 2 SGB IX) und Erwerbsminderungsrente (eventuell mit zusätzlicher Grundsicherung) beziehen. Ihre Chancen, einen passenden Minijob auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu finden, sind oftmals sehr gering. Und das obwohl sie in vielen Fällen aufgrund ihrer beruflichen Kenntnisse und Erfahrungen durchaus in der Lage sind, qualitativ hochwertige Arbeiten zu erledigen. Für diese Personengruppe stehen häufig nicht das Arbeitsentgelt, sondern der Kontakt, die Tagesstruktur oder andere positive Aspekte der Tätigkeit im Vordergrund.
  2. Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, die voll erwerbsgemindert sind und Grundsicherung beziehen. Für diese, häufig chronisch kranken Menschen sind Zuverdienstangebote oftmals die einzige Möglichkeit, einer sinnvollen, entlohnten Beschäftigung nachzugehen. Gerade dann, wenn aus persönlichen Gründen eine Tätigkeit in einer WfbM nicht in Frage kommt, bietet sich durch das Zuverdienstangebot zudem die Gelegenheit, unter ihnen angepassten Arbeitsbedingungen die eigene Arbeits- und Belastungsfähigkeit schrittweise zu erhöhen.
  3. Bezieher von Arbeitslosengeld II (Alg II) stehen grundsätzlich dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung. Durch entsprechende Vereinbarungen kann geregelt werden, dass besonders wenig belastbare und psychisch erkrankte Alg-II-Bezieher die Angebote von projektgebundenen Zuverdienstmöglichkeiten nutzen können. Dabei muss das Ziel der Hinführung zu Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation beziehungsweise zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt angestrebt werden. Grundlage sind in diesen Fällen die Regelungen zu den »Arbeitsgelegenheiten« in § 16 SGB II.

Rechtliche Grundlagen

RECHTSSTELLUNG DER IM ZUVERDIENST BESCHÄFTIGTEN

Eine wichtige arbeitsrechtliche Frage, die im Rahmen einer Zuverdiensttätigkeit zu klären ist, ist die nach dem Vertragsverhältnis zwischen den Beschäftigten und dem jeweiligen Arbeit- bzw. Beschäftigungsgeber. Dies insbesondere deshalb, weil nicht jede Zuverdiensttätigkeit als ein normales Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts zu werten ist.

Aus arbeitsrechtlicher Sicht gibt es hier drei unterschiedliche Vertragsgrundlagen. Diese können in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der individuellen Voraussetzungen des Beschäftigten und des jeweiligen Beschäftigungsangebotes zur Geltung kommen.

  1. Geringfügige Beschäftigung: Eindeutig ist das Vertragsverhältnis, wenn es sich um eine sogenannte geringfügige Beschäftigung handelt, deren Anforderungen und rechtlichen Rahmenbedingungen sehr klar definiert und geregelt sind. Hier gelten die üblichen arbeitsrechtlichen Bestimmung z.B. in Bezug auf Urlaubsanspruch, Lohnfortzahlung, etc.
  2. Ein-Euro-Jobs: Eine weitere Möglichkeit ist die Beschäftigung im Rahmen eines sogenannten „Ein-Euro-Jobs“, also einer Beschäftigung mit Mehraufwandsentschädigung. Hier handelt es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis, da die Beschäftigung durch Vorschriften des öffentlichen Rechts geprägt ist. Die Beschäftigung dient dabei der Orientierung und der Heranführung an den allgemeinen Arbeitsmarkt.
  3. Betreuungsvertrag: Schließlich gibt es noch die Möglichkeit, im Rahmen eines sogenannten „Betreuungsvertrages“ Zuverdienstmöglichkeiten anzubieten. Hier liegt der Schwerpunkt des sogenannten Leistungsaustausches allerdings in der Betreuungsleistung des Leistungsträgers. Der Leistungsträger kommt dabei in der Regel aus dem Bereich der psychiatrischen Versorgungsangebote und bietet in seinem Leistungsspektrum eine „therapeutisch“ begleitete Beschäftigung an. In deren Zusammenhang wird auch ein Mehrwert erwirtschaftet und zum Teil als sogenannte „Aufwandsentschädigung“ an die Beschäftigten ausgezahlt.

 

Über die arbeitsrechtliche Ebene hinaus gibt es natürlich auch unter sozialversicherungsrechtlichen und steuerrechtlichen Aspekten Besonderheiten zu beachten, die sehr komplex sind und von dem jeweiligen Arbeits- und Beschäftigungsgeber auf jeden Fall im Vorfeld mit entsprechenden Fachleuten geklärt werden sollten.

ANFORDERUNGEN AN ANBIETER

In seinen Empfehlungen zur selbstbestimmten Teilhabe am Arbeitsleben von Menschen mit Behinderungen hat der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. im Frühjahr 2007 auf die Bedeutung von Zuverdienstmöglichkeiten als wichtigem Element der Teilhabe am Arbeitsleben hingewiesen und deren Ausbau gefordert. In einer kurz darauf erschienenen Arbeitshilfe zu Zuverdienstmöglichkeiten im Bereich des SGB XII wurden darüber hinaus Qualitätskriterien für solche Angebote definiert, von denen einige im Folgenden kurz dargestellt werden sollen:

  • Das Zuverdienstangebot sollte den Gedanken der Inklusion gemäß Art. 27 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte der Menschen mit Behinderungen umsetzen und Sondermilieus möglichst vermeiden.
  • Die Tätigkeiten sollten so ausgestaltet sein, dass sie dem wechselnden bzw. unterschiedlichen Leistungsvermögen der ZuverdienstmitarbeiterInnen angepasst werden können.
  • Es sollten wirtschaftlich verwertbare Produkte und Dienstleistungen erstellt bzw. angeboten werden.
  • Die Bezahlung sollte klar geregelt und leistungsorientiert gestaffelt sein.
  • Der arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Status der Beschäftigten ist eindeutig zu klären und vertraglich zu regeln.
  • Eventuelle Weiterentwicklungen der Beschäftigten sind gezielt individuell zu fördern sowie Mitwirkung bzw. Mitbestimmung in Bezug auf die Arbeitszusammenhänge zu ermöglichen.

Diese Qualitätskriterien sind in vielen Punkten aus den Erfahrungen und den Qualitätsanforderungen der bestehenden Zuverdienstprojekte entstanden und in erster Linie als Orientierung zu verstehen.

BEDEUTUNG DES MINDESTLOHNGESETZES FÜR ZUVERDIENSTANGEBOTE

Zunächst ist festzuhalten, dass die Bezeichnung der Firmen, Tätigkeiten und auch der finanziellen Leistungen an die Klienten für die rechtliche Beurteilung nicht ausschlaggebend ist. Zu beurteilen sind die tatsächlichen Verhältnisse, unter denen eine Tätigkeit ausgeübt wird. Insoweit ist es auch erheblich, dass es verschiedene Formen von Angeboten für den Zuverdienst gibt. Sie reichen von einem reinen Zuverdienst bis hin zu Angeboten, die überwiegend auf eine Tagesstrukturierung vor dem Hintergrund der Ausübung einer Tätigkeit ausgerichtet sind. Rechtlich ist es nicht ausgeschlossen, dass verschiedene Angebote innerhalb eines organisatorischen Rahmens gemacht werden.

Eine entscheidende Vorfrage ist darin zu sehen, ob die Tätigkeit einer konkreten Person in einem Arbeitsverhältnis ausgeübt wird. Ist das der Fall, so findet das Mindestlohngesetz Anwendung. Folge davon ist, dass unabhängig von der individuellen Leistung der Mindestlohn gezahlt werden muss.

Vorab ist festzustellen, dass es bei der Anwendung des Mindestlohngesetzes nicht darauf ankommt, ob nur eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt wird. Diese hat lediglich Bedeutung für die Frage der Versicherungspflicht. Auch die Tatsache, dass die Tätigkeit von einer Person ausgeübt wird, die nicht erwerbsfähig ist, hat keine Bedeutung. Auch wer nur unter drei Stunden täglich arbeiten kann, kann Arbeitnehmer sein.

Der Begriff des Arbeitsverhältnisses ist anhand mehrerer Kriterien zu bestimmen. Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses setzt mindestens voraus, dass

  • eine privatrechtliche Vereinbarung vorhanden ist, die als Grundlage für
  • die Einbeziehung in eine fremde Arbeitsorganisation dient, in der
  • im Rahmen eines Austauschverhältnisses
  • eine leistungsgerechte Entlohnung erfolgt.

Im Zusammenhang mit dem Zuverdienst kommt es hauptsächlich darauf an, ob im Rahmen eines Austauschverhältnisses eine leistungsgerechte Entlohnung erfolgt. Ein solches Austauschverhältnis ist dann nicht mehr anzunehmen, wenn die Tätigkeit im Wesentlichen zur Tagesstrukturierung oder zur sozialen Eingliederung erfolgt und die finanzielle Leistung nur ein Annex der Tätigkeit ist. Es wird also nicht um des Verdienstes willen gearbeitet. Dabei hat der Anbieter durchaus einen eigenen Entscheidungsspielraum. Macht er das Angebot auf der Basis eines bestimmten psychiatrischen Betreuungskonzeptes, dann schadet es nicht, wenn der Betreute selbst auch eine Verdienstabsicht hat. Die tatsächlichen Verhältnisse dürfen sich lediglich nicht derartig darstellen oder dahin entwickeln, dass sie in ein Austauschverhältnis münden.

 

Dementsprechend wird man in bestimmten Zuverdienstfirmen feststellen müssen, dass zwar wenig verdient wird, dass jedoch ein Austauschverhältnis gegeben ist. Im Zweifel wird man das annehmen müssen, wenn keine oder nur eine geringfügige persönliche Betreuung im Rahmen der Arbeit erfolgt.

In diesem Falle einer reinen Zuverdienstfirma ist jedoch dann kein Arbeitsverhältnis anzunehmen, wenn nur in einem sehr geringen zeitlichen Umfang gearbeitet wird. Das ist etwa bei weniger als 8 – 10 Stunden wöchentlich anzunehmen. Häufig werden hierbei geringe Arbeitszeit und geringes Einkommen miteinander kombiniert, ohne dass sich einheitliche Werte herausgebildet hätten. Zuletzt hat das LSG Berlin-Brandenburg (NZS 2015 S. 431) dies festgestellt. Dort wird in einem selbständigen Leitsatz auch isoliert festgestellt: „Ein monatlicher Verdienst von etwa 140,- Euro vermittelt noch keinen Arbeitnehmerstatus“. Allerdings ergibt sich aus den Urteilsgründen, dass die Tätigkeit für wöchentlich ca. 5 Stunden ausgeübt wurde.

Im Ergebnis ist also das Arbeitsverhältnis nach zwei von einander unabhängigen Kriterien zu beurteilen. Inhaltlich betrachtet kann es an einem Austausch von Arbeit gegen Entgelt fehlen. Dann liegt kein Arbeitsverhältnis vor. Ist dagegen ein Austausch festzustellen, so kann es immer noch der geringe zeitliche Umfang der Tätigkeit sein, der gegen ein Arbeitsverhältnis spricht.

Liegt ein Arbeitsverhältnis vor, so ist grundsätzlich davon auszugehen, dass dies dann auch ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ist (§ 7 SGB IV). Beide Begriffe sind grundsätzlich deckungsgleich. In praktischer Hinsicht hat das zur Folge, dass eine Klärung der Frage, ob ein Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnis vorliegt, über das Anfrageverfahren an den Träger der Rentenversicherung nach § 7a SGB IV herbeigeführt werden kann. Damit kann immerhin eine Rechtsunsicherheit beseitigt werden.

RECHTLICHE FÖRDERMÖGLICHKEITEN FÜR DIE SCHAFFUNG VON ZUVERDIENSTFIRMEN

Ein erster Überblick (PDF)

Zuverdiensttätigkeiten können sowohl auf der Grundlage des SGB II als auch des SGB XII durchgeführt werden. Die Fördermöglichkeiten hängen nach den Gesetzeswortlauten nicht davon ab, ob ein Arbeitsverhältnis gegeben ist oder nicht. Nach der Zielsetzung der beiden Gesetze muss aber in jedem Falle gezielt auf eine Verbesserung des Gesundheitszustandes bzw. der Erwerbsfähigkeit hingearbeitet werden. Im SGB XII genügt auch eine gesellschaftliche Teilhabe durch Arbeit oder eine ihr ähnliche Tätigkeit.

Insbesondere im Hinblick auf § 7 Abs. 1 SGB II ist darauf hinzuweisen, dass die Förderleistungen nach den §§ 16ff. SGB II an alle Personen zu erbringen sind, die nach dem SGB II leistungsberechtigt sind. Es ist also nicht zulässig, die Leistungsberechtigten in Untergruppen zu unterteilen, von denen dann eine von den Leistungen zur Eingliederung ausgenommen ist. Vor allem ist zu betonen, dass ohnehin leistungsberechtigt im SGB II nur sein kann, wer erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II ist.

Allgemeine Grundlage für die Schaffung von Zuverdienstarbeitsplätzen ist § 16 SGB II, der auf eine Reihe von Vorschriften des SGB III verweist. Hier interessiert vor allem die Förderung der Anbahnung oder Aufnahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nach §§ 112ff., 44 Abs. 1 SGB III, die in § 16 Abs. 2 SGB II noch erweitert wird. „Anbahnung“ heißt hier aber, dass in der Zuverdienstfirma eine Förderung des Klienten erfolgen muss, die ihn in die Lage versetzen soll, mindestens 15 Stunden wöchentlich, sei es auch in einem Integrationsprojekt, zu arbeiten.

Im Sozialhilferecht sind die Förderungsvoraussetzungen nicht unmittelbar arbeitsmarkbezogen. Nach der allgemeinen Vorschrift des § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB XII gehört zur „Unterstützung“ auch das Angebot einer Tätigkeit sowie die Vorbereitung und Begleitung des Leistungsberechtigten. Diese Vorschrift gilt für alle Leistungsbereiche des SGB XII, also auch für die nach den §§ 53ff. SGB XII Leistungsberechtigten. Es müsste also nicht einmal begründet werden, ob die Tätigkeit konkret der Eingliederung dient, was aber außer Frage stehen dürfte.

Grundsätzlich können die hier genannten Förderleistungen auch in ein persönliches Budget nach § 17 Abs. 2 SGB IX integriert werden. Allerdings ist darauf zu achten, dass die Förderung nach § 44 SGB III als Teilhabeleistung im Sinne des § 113 SGB III erbracht werden (vgl. §§ 16 Abs. 1 Satz 3 SGB II, 6a SGB IX). Im Rahmen der Eingliederungshilfe nach den §§ 53ff. SGB XII ist dies unproblematisch.

ANRECHNUNG VON EINKÜNFTEN AUS DER ZUVERDIENSTTÄTIGKEIT

Zur Förderung der Arbeitsbereitschaft werden im Fürsorgesystem seit jeher Teile von bestimmten Einkünften von der Anrechnung auf die Leistungen zum Lebensunterhalt ausgenommen. Relativ großzügig sind die Regelungen im SGB II. Dabei regelt allerdings § 11b Abs. 2 SGB II keinen wirklichen Freibetrag, sondern nur eine Pauschale zu § 11b Abs. 1 Nr. 3 – 5 SGB II, die allerdings auch gewährt wird, wenn die dort genannten Ausgaben nicht anfallen.

Einen echten Freibetrag regelt § 11b Abs. 3 SGB II bei Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit. Damit ist nicht zwingend die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis gemeint. Es genügt eine auf Erwerb ausgerichtete Tätigkeit, die man in jeder Form des Zuverdienstes sehen kann. Der Erwerb muss hier also nicht das Hauptmotiv der Tätigkeit sein. Zumindest bei den nach dem SGB II Leistungsberechtigten genügt es, wenn der Erwerb aus einer erwerbsbezogenen Tätigkeit folgt. Im Ergebnis bedeutet das, dass von dem Einkommen zunächst ein Betrag von 100 € nicht angerechnet wird (§ 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II). Aus dem über diesem Betrag bis zu 1000 € liegenden Einkommen werden 20% nicht angerechnet (§ 11b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Höhere Einkünfte können hier außer Betracht bleiben (§ 11b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 SGB II).

Etwas enger gefasst sind die Regelungen im SGB XII. Nach § 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XII bleiben 30% des Einkommens anrechnungsfrei. Dieser Betrag ist jedoch gedeckelt. Er darf ½ des Regelbedarfs der Regelbedarfsstufe 1 nicht übersteigen. Das sind also etwas weniger als 200 €. Solche Einkünfte werden wohl nur selten erreicht werden. Das Problem besteht also darin, dass zu geringe Beträge des Einkommens aus dem Zuverdienst anrechnungsfrei bleiben. Bei einem Einkommen von 100 € bleiben 30 € anrechnungsfrei.

Versuche, den geringen anrechnungsfreien Betrag zu erhöhen, sind angesichts des eindeutigen Wortlauts nicht leicht in die Tat umzusetzen. Es liegt nahe, die ersten 100 € anrechnungsfrei zu lassen. Das müsste jedoch auf eine Rechtsgrundlage zurückzuführen sein. Man könnte hier an eine analoge Anwendung des § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II denken. Dies würde jedoch die Existenz einer „planwidrigen Regelungslücke“ voraussetzen. Das ist offensichtlich nicht der Fall, da sowohl § 11b SGB II als auch § 82 SGB XII ausführliche und eben voneinander abweichende Regelungen treffen. Dasselbe gilt für § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII, der explizit eine Regelung nur für die WfbM trifft. Damit ist auch hier eine analoge Anwendung nicht möglich.

Es bleibt also nur der Weg des § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XII, der den anrechnungsfreien Betrag öffnet: „Im Übrigen kann in begründeten Fällen ein anderer als in Satz 1 festgelegter Betrag vom Einkommen abgesetzt werden.“ Diese Regelung kann aber nicht generell auf die Zuverdienstfirmen angewendet werden, da sie einen begründeten Fall, also eine Einzelfallprüfung, voraussetzt. Die frühere BSHG-Praxis hat einen solchen Fall „bei Aufwendung besonderer Tatkraft“ angenommen. Davon wird man bei den in einer Zuverdienstfirma Tätigen sehr oft ausgehen können, da bei ihnen die Leistungsfähigkeit im Allgemeinen dauerhaft gemindert ist.

ZUWENDUNGEN DER FREIEN WOHLFAHRTSPFLEGE

In den §§ 11a Abs. 4 SGB II und § 84 SGB XII sind inhaltlich weitgehend übereinstimmende Regelungen getroffen worden. § 84 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB XII lauten: „Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege bleiben als Einkommen außer Betracht. Dies gilt nicht, soweit die Zuwendung die Lage der Leistungsberechtigten so günstig beeinflusst, dass daneben Sozialhilfe ungerechtfertigt wäre.“

Eine solche Lage kann sich in der Praxis des Zuverdienstes eigentlich nur ergeben, wenn ein Arbeitsverhältnis aus inhaltlichen (anders: aus zeitlichen Gründen) nicht anzunehmen ist. Denn von einer Zuwendung kann man nur sprechen, wenn sie keine Gegenleistung für eine erbrachte Leistung darstellt. Bekannt geworden ist die „Motivationszuwendung“. Typischerweise fehlt es hier an einem Austauschverhältnis. An sich ist der anrechnungsfreie Betrag der Höhe nach nicht begrenzt. Allerdings ergibt sich aus § 84 Abs. 1 Satz 2 SGB XII, dass auch die Zuwendung angerechnet wird, wenn neben ihr die Sozialhilfe nicht gerechtfertigt wäre. Das setzt eine gewisse Wertung voraus. Bei dieser Wertung könnte man durchaus auf andere Wertungen außerhalb des Anwendungsbereichs des § 84 SGB XII zurückgreifen, soweit sie aus dem Fürsorgesystem resultieren. So könnte man an die Sachwerte anknüpfen, die die Praxis dem Leistungsberechtigten bei Einkäufen in der Tafel anrechnungsfrei belässt. Man könnte sich hier alternativ auch an § 11b Abs. 3 SGB II orientieren, nun also einen Grundfreibetrag von 100 € zuzüglich 20% des übersteigenden Betrages anrechnungsfrei lassen.

Die Unterschiede zwischen dem SGB II und dem SGB XII dürften hier nicht gegen eine Orientierung an § 11b Abs. 3 SGB II sprechen. Es geht nunmehr nur um die Frage, ob Sozialhilfe neben der Zuwendung „ungerechtfertigt“ wäre. Der Gesetzgeber erhebt nun aber in § 11b Abs. 3 SGB II das Gegenteil zur Regel. Dass es im SGB II um Einkünfte aus Erwerbstätigkeit geht, ändert daran nichts. Andernfalls müsste man argumentieren: wenn Personen, die erheblich leistungsgemindert sind, und die auf dieser Basis einem geringen Erwerb nachgehen, dann wäre es gerechtfertigt, ihnen die ohnehin bescheidenen „Früchte ihrer Arbeit“ in geringerem Umfange zu belassen, als dies bei Erwerbsfähigen der Fall ist.

Einen anderen Zugang zu dem Problem kann man finden, wenn man nicht bei der Anrechenbarkeit von Einkommen, sondern beim Bedarf ansetzt. Konkret stellt sich die Frage, ob man beim Leistungsberechtigten einen Mehrbedarf im Sinne von § 21 Abs. 4 SGB II, 30 Abs. 4 SGB II annehmen kann. In § 21 Abs. 4 SGB II wird auf § 33 SGB IX und auf § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 – 3 SGB XII verwiesen. In § 30 Abs. 4 SGB XII wird nur auf § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 – 3 SGB XII Bezug genommen. Der Mehrbedarf beläuft sich auf 35% der Regelbedarfsstufe 1 und würde so die verfügbaren Mittel erheblich erhöhen.

Voraussetzung für die Anerkennung eines solchen Mehrbedarfs ist jedoch, dass eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben durchgeführt wird. Das ist nur anzunehmen, wenn die beruflichen Fähigkeiten eines behinderten Menschen gezielt verbessert werden sollen. Eine reine Erwerbstätigkeit reicht dazu nicht aus. Folglich wird man auch einen reinen Zuverdienst nicht als „mehrbedarfsfähig“ ansehen können. Auch bei einem Zuverdienstprojekt, das eher auf eine Betreuung ausgerichtet ist, wird man den Aspekt der Teilhabe am Arbeitsleben nicht ohne Weiteres feststellen können, zumal die Rechtsprechung verlangt, dass es sich bei der beruflichen Förderung um eine regelförmige Maßnahme handeln muss, die den behinderten Menschen nicht unerheblich beansprucht (Bayer. LSG NZS 2015 S. 472). Insgesamt wird man aber sagen können, dass ein Träger die Tätigkeit in einer Zuverdienstfirma auch so konzipieren kann, dass einzelne Maßnahmen eine Hilfe zur Ausbildung für eine angemessene Tätigkeit darstellen und dann mehrbedarfsfähig sind (§ 54 Abs. 12 Satz 1 Nr. 3 SGB XII). Eine solche Ausbildung muss nicht den Charakter eines Lehrgangs haben. Sie kann auch im Wechsel von Arbeit und Bildung erfolgen. Insoweit besteht ein großer Gestaltungsspielraum: „Ob es sich bei einer Maßnahme um eine solche zur Teilhabe am Arbeitsleben handelt, die eine Mehrbedarfsleistung nach dem SGB II auslösen kann, entscheidet sich, wenn es sich um eine regelförmige Maßnahme handelt, nach deren Inhalt und Schwerpunkt“ (BSG NZS 2011 S. 958).

Insgesamt kann man also feststellen, dass die Möglichkeiten, für eine finanzielle Besserstellung, sei es auf der Bedarfsseite, sei es beim Einkommen, in den Zuverdienstfirmen, in denen die Betreuung der Leistungsberechtigten ein wesentlicher Bestandteil ist, etwas größer sind, als in den „reinen“ Zuverdienstfirmen.

BESTEHT FÜR ZUVERDIENSTBESCHÄFTIGTE EINE UNFALLVERSICHERUNGSPFLICHT?

Es ist nicht zutreffend, hier eine Versicherungspflicht durchgehend auszuschließen. Das dürfte nur in den Fällen zulässig sein, in denen die Betreuung der Leistungsberechtigten überwiegt und damit schon inhaltlich ein Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis nicht angenommen werden kann. In den anderen Fällen ist vielmehr davon auszugehen, dass eine Versicherungspflicht als Beschäftigte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gegeben ist. Das ist – auf der Grundlage der Sondervorschrift des § 2 Abs. 2 SGB VII – auch dann der Fall, wenn in diesem Rahmen eine Beschäftigung nur in geringem Umfange, also auch unter acht Stunden wöchentlich, gegeben ist. In der Unfallversicherung kommt es nämlich nicht auf den zeitlichen Umfang der Beschäftigung an, sondern nur darauf, dass eine Tätigkeit im Interesse des Betriebes ausgeübt wird. Die entscheidende Regelung lautet: „Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherter tätig werden.“

GOOD PRACTICE BEISPIELE

© bag-if

UND SO FUNKTIONIERT DER ZUVERDIENST:

RADIOBEITRAG ZUM ZUVERDIENST

Audiomitschnitt des WDR „Schraube locker: Von den heilsamen Nischen der Leistungsgesellschaft“ von 2002

FERNSEHBEITRAG ZUM ZUVERDIENST

„Ein Stück Normalität zurück erobern“ Film über das FAIRKAUFHAUS in Berlin.

VERANSTALTUNGEN UND TERMINE

DAS EINPRÄGSAME POSTKARTENSET

DER ZUVERDIENST

Das Projekt Zuverdienst ist ein Projekt der BAG Inklusionsfirmen, in dem von Mai 2013 bis Mai 2017 Aktivitäten entwickelt werden, um
Leistungsträger von den Möglichkeiten entsprechender Angebote zu überzeugen und potentielle Leistungsanbieter anzuregen Zuverdienstangebote aufzubauen.
© 2018 bag-if e.V. Hier lesen Sie die Datenschutzvereinbarung.